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  15. Oktober 2006
Graf Battistello von Luang Prabang
der zwölfte Brief

Liebe Claire

Gestern Nacht habe ich ihnen in Gedanken einen langen Brief geschrieben, ich wollte nicht aufstehen, meine Kissen so weich und die Gedanken so schön anzuschauen wie das bunte Herbstlaub das dieser Jahreszeit seine Farben und letzte Sehnsüchte gibt.
Wie ein gemeinsamer Spaziergang kam es mir vor und ein Bild ergab das Nächste und so wanderte ich mit ihnen durch meine Gedankenlandschaft, in denen Erinnerungen auftauchten Landschaften, alte Burgen und natürlich auch das Heidelbergerschloß.
Dort habe ich gleichsam denken gelernt und eine neue Erscheinungsform der Liebe entdeckt, die mir noch unbekannt war und meinem Wesen fremd, die ich aber mit jeder Stunde, jedem Tag besser verstand.
Und weil ich diese Form der Liebe so langsam und so gewissenhaft lernte ist sie mir die tiefste und reinste Liebe geworden. Nur zu dieser Liebe habe ich das unerschütterliche Vertrauen das jeder Liebe zu Grunde liegt, dass sie von Dauer ist, ihre Endlichkeit nicht einmal mit dem Tod erreicht.

Es ist eine Liebe die keiner langen Briefe bedarf, ja nicht einmal lange Besuche und Gespräche. Es ist eine Liebe die wie ein feines Tuch stetzt um meine Schultern liegt, auch wenn mich viele Kilometer trennen. Ich bin mir nicht immer bewußt das sie da ist, denn all zu oft muss ich nur wie ein Ding funktionieren und all die unwichtigen Handlungen ausführen, ja selbst unwichtige Worte sagen, dann bin ich nicht bei mir, nicht einmal neben mir und dann ist auch diese Liebe nicht da.
Insgeheim habe ich schon lange akzeptiert, dass diese leeren Zeiten notwendig sind, um das bei mir zu sein nur umso festlicher und tiefer zu machen.
Das feine Tuch zu spüren und immer zu wissen dass ich nicht alleine in diese Welt gestellt bin!

Gestern Nacht habe ich einen ganz anderen Gedankkenbrief geschrieben.
Die Wege die ich mit ihnen an meiner Seite beschritt führten mich bis in die Kindheit und zurück in das erst Kürzlich.
Es ist nichts verloren, ich werde ihnen zu einem anderen Zeitraum davon schreiben, oder von ganz anderen Dingen. Nur was wir festhalten wollen stirbt zwischen unseren Fingern und das gilt auch für die Worte.
Deshalb versuche ich nicht mich an das Gedachte zu erinnern, es hat mir Freude gemacht diese nächtliche Gedankenreise, dass ist alles.

Schließen sie die Augen und schauen sie aus meinem Fenster hinaus in den Park, sehen sie die beiden Ahornbäume mit ihren roten Blättern und die Farben des wilden Weines der die Garagen überwuchert hat.
Überall die auf dem Kiesweg der sich auf das Haus zu bewegt liegen Kastanien, ach wie gerne würde ich sie für die Kinder sammeln, doch die Kinder meiner Köchin und die Kinder Gustav`s und seiner seligen Frau sind längst in eine andere Welt hinaus gezogen.

Ja, sie lesen hier ein wenig dumme Sehnsucht nach der Vergangenheit.
Es mag an dem kommenden liegen, dem Winter der seine ruhigen Stunden bringt, dass Schwere und das Leichte, dass Erinnern und auf die Zukunft gerichtete Planen.
Ich freue mich jetzt schon auf ihr kommen. Ich bin immer wenn ich daran denke kurz davor Gustav das vordere Gästezimmer richten zu lassen, welches sie so lieben, dass mit der kleinen Türe mitten hinein in den Wintergarten. Doch dann lache ich über mich selbst, denn bis zu ihrem Besuch vergehen noch viele Wochen.

Meine liebe Claire zehn wundervolle Tage werden wir einander schenken.

Bis dahin denke ich an sie mit der unerschütterlichen Wärme eines Freundes

Ihr gedankenschreibender
Graf Battistello von Luang Prabang




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Graf Battistello von Luang Prabang schreibt seit 2002, seine nachdenklichen Briefe an Claire.
Die meiste Zeit lebt er in Berlin, in einer großzügigen Stadtvilla.
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