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Deutschland ein Reisetagebuch, in Wort und Bild

15. Juni 2002
Landung in Frankfurt um 6 Uhr 20 Ortszeit.
Meine Uhr wird noch ein paar Tage die laotische Zeit tragen. Ein Ritual das sich bei meiner ersten Heimatreise von alleine ergab.
In Laos ist es Mittag.
Mein dritter Heimaturlaub in Deutschland, seid Vientiane mein zu Hause auf Zeit geworden ist.
Kein Koffer schleppen, einfach umsteigen nach Köln.
Deutschland aus dem Flugzeug. Alles so geordnet.
Felder wie mit dem Lineal gezogen und dazwischen kleine Bauminseln, die Anderorts gößer sind. Spielzeughäuser, aufgestellt von einem ordnungsliebenden Kind.

Benommen steige ich in Köln aus. Deutschland. Ein Kulturwechsel, der sich nicht in Flughafengebäuden deutlich zeigt.

17. Juni 2002
Mit dem Auto nach Heidelberg.
Keine Drängler auf der Autobahn. Eine angenehme Fahrt.
In Heidelberg fahr ich von der Autobahn. Rechts am Neckar entlang.
Schön das mir alles noch so vertraut ist.
Vier Jahre habe ich hier gelebt, lange ist es her.
Heidelberg ist schön, immer noch.
Dem Schloß ein kurzer Blick und das Versprechen schon bald durch den Park zu gehen.
Auch dies ein geliebtes Ritual.

In Hirschhorn fahre ich über die Brücke. Bald bin ich am Ziel.
Mittelalterliche Häuser aus dem Fenster von Eberhard und Doro, gegenüber auf der anderen Neckarseite.
Ich bin angekommen.

19. Juni 2002
Etwas müde von den langen schönen Nächten bin ich im Schlosspark.
Zeit ist etwas verwirrendes. Sie springt vom Jetzt mühelos in die Vergangenheit und wieder zurück. Ich genieße das Gefühl mich nicht verändert zu haben, wie die Bäume, oder der Vater Rhein, der immer noch weinselig in seinem Becken liegt.

Die Goethe Bank. An dieser Stelle soll Goethe oft mit seiner Liebsten gesessen haben. Ihren Namen habe ich leider vergessen. Nicht aber das Gedicht über den Gingobaum, den er hier im Park wieder entdeckte.

Als ich 20 Kilometer von Heidelberg, in Bammental lebte, hatte ich einen prächtigen Gingobaum direkt vor meinem Fenster. Im Herbst waren die Stufen hinauf zum Haus mit goldenen Blättern bedeckt. Damals konnte ich das Gedicht auswendig.

Gingo Biloba

Dieses Baums Blatt, der von Osten
meinem Garten anvertraut,
gibt geheimen Sinn zu kosten,
wie's den Wissenden erbaut.
Ist es Ein lebendig Wesen,
das sich in sich selbst getrennt?
Sind es zwei, die sich erlesen,
dass man sie als eines kennt.

Solche Frage zu erwidern,
fand ich wohl den rechten Sinn.
Fühlst du nicht in meinen Liedern,
dass ich Eins und doppelt bin.

Johann Wolfgang von Goethe
 

Über die Berge nach Bammental. Zwei Mal bin ich unsicher und frage Eberhard, ob es wirklich links geht.

Ein Eis in der Eisdiele, beim „alten Engelbrecht“. Der mir einen Sommer lang Arbeit gab. Zwei Tage überließ er mir sogar die Eisdiele ganz. Er wollte eigentlich schließen. Zögernd gab er nach, als ich ihm sagte das könne ich doch übernehmen.
Es wurden zwei heiße Tage und ich habe unzählige Eisbecher und Waffeln gefüllt.
Das Geld hatte ich gut versteckt, so gut das es auch Engelbrecht nicht gefunden hat.
Von seinen Gästen wusste er, dass die Menschen vor der Eisdiele schlangestanden hatten.
Er hat mich nicht gefragt wo das Geld ist, hätte es auch nicht getan.
In der Kassenschublade war etwas mehr als das Wechselgeld.
Sein erleichtertes Lächeln und die Freude darüber sich doch nicht geirrt zu haben in mir, als ich ihm das Geld zeigte. Dieses Erlebnis bewahre ich tief in meinem Herzen.

Wie schön ist an einem Ort zu sein, an dem man sich freudig an mich erinnert.

Die Christoph Apotheke gibt es auch noch. Nach dem Sommer hatte ich die Straßenseite gewechselt und mein Weg führte mich 2 Jahre lang durch diese Tür, die inzwischen einer elektrischen Schiebetür gewichen ist. Das kleine Reformhaus war früher eine Garage. Es ist nicht größer geworden. Im Reformhaus habe ich lieber gearbeitet als in der Apotheke.
Die Erinnerung an das scheppern der Türglöckchen taucht in meinem Gedächtnis auf.

23. Juni 2002
Museum in Kommern.
Wie gerne ich durch die alten kleinen Dörfer gehe. Man sieht den alten Höfen nicht an, dass jeder Stein, jeder Balken nummeriert wurde und am Orginalstandort abgebaut wurde, um hier neu zu entstehen.
Mir ist als wandere ich durch eine vergessene Zeit. So war es früher, vor hundert und mehr Jahren. Meine Oma war Kind als dieses Häuser gebaut wurden.

Sie selbst hat in einem solchen Haus gelebt. In einem der Häuser sehe ich einen ähnlichen Herd, wie sie ihn hatte. Noch vor Sonnenaufgang entfachte sie das Feuer und der eingelassenen Kessel war bald mit warmem Wasser angefüllt.
Die gute Stube war nur am Sonntag, nach der Kirche ein Raum den die Familie nutzte.

Zeit konservieren, es ist doch möglich. Wie wichtig für die Nachgeborenen die hier durch die Wälder und Wiesen streifen und voller Neugier die Häuser, Stallungen, Kräutergärten und Wirtschaftsräume betreten.
Das Leben war einfach, ohne viel Komfort. Die harte Arbeit kann man hier leicht vergessen. Die heiligen Bilder und frommen Engel über den Schrankbetten und einfachen Bettgestellen.
Glaube war selbstverständlich. Ich erliege der Idealisierung und gestehe es mir zu.


 

 3. Juli 2002
Ich gestehe es gleich, Wesseling habe ich nie sonderlich gemocht. Das ich hier geboren wurde ist ein Zufall, den ich gerne ändern würde.
Meine Mutter lebt noch hier, eine Schwester und eine Freundin.
Der Spaziergang am Rhein hat Heimaturlaubtradition.
Die Gerüche werden nur noch von mir wahr genommen, alle anderen haben sich daran gewöhnt, so wie ich einmal daran gewöhnt war.
Die Fähre verbindet immer noch Wesseling und Lülsdorf.
Eine Frau beladen mit Alditüten schiebt ihr Fahrrad an Bord.
In meiner Kindheit bin ich oft mit dieser Fähre gefahren. Mein Vater und der Fährmann waren gute Freunde, ausgestiegen am anderen Ufer, bin ich nur ein einziges Mal.


 

 8. Juli 2002
Freiburg. Die Wegbeschreibund nach Bötzingen war sehr gut.
Kirchstrasse sofort gefunden.
Die kleine Terrasse wird für zwei Abende unsere Ruheinsel. Weinberge soweit das Auge reicht.
Nicht nur dieser eine ganz besondere Wein, sind im Gedächtnis geblieben, auch die unkomplizierte Gastfreundschaft von Gertrud und Gervas.
 

11. Juli 2002
Über den Gotthardpass.
Es ist unglaublich was sich unseren Augen bietet.
Schon habe ich das Bedauern vergessen mit denen ich hunderte von Lastwagenfahrern um das lange Warten, bedachte. Kilometerlange Lastwagenkolonnen.
Hier wird die Luft dünner und hinter jeder Kehre erwartet uns ein noch erstaunlicheres Bild, als das Vorhergehende.

Keine Passkontrolle in der Schweiz. Freundlich werden wir weiter gewunken.

Das wir in Italien sind bekomme ich gerade noch mit, als ich im Rückspiegel doch noch die Zollstation sehe. Laveno ist unser Ziel.
Lange am Lago Maggiore entlang gefahren. Irgendwann die ersten Palmen, stehen da als seien sie nicht die Ersten. Eine unsichtbare Grenze, eben keine Palmen und dann Palmen, einfach so.

Am Abend ein hundert Jahre altes Wohnhaus. Typisch italienisch ist es, dass ist mir sofort klar, auch wenn ich den Stil noch vor wenigen Stunden nicht hätte beschreiben können.
Unsere Freunde haben eine riesige Dachterrasse, genau vor uns ein alter Kirchturm und ein kleines Pantheon, dass mich kurz nach Rom versetzt. Ich freue mich schon die beiden an jedem Morgen begrüßen zu dürfen, wenn ich beim Frühstück sitze.


 

12. Juli 2002
Brötchen mit einem großen, gewollten, Loch in der Mitte. Veronika  erklärt uns, dass die Italiener es lieben diese Löcher mit Salami, oder einem der vielen verschiedenen Käse zu füllen. Neugierig würde ich gerne beim Backen zuschauen, diese Brötchen beeindrucken mich sehr, auch wenn ich die ohne Loch dann vorziehe.
War bislang Frankreich für mich das Land des Käses, so lausche ich beeindruckt den Ausführungen von Hans-Jürgen und Veronika.
 

13. Juli 2002
Milano. Wo um Himmels willen soll ich zuerst hinschauen. Ich bin völlig überfordert und lasse mich gerne erst einmal in den Mailänder Dom führen.
Tiefe Dankbarkeit mit meinen Vorfahren erfüllt mich.
Ich sehe Freskenmaler auf wackligen Gerüsten balanzieren, mit steifen Gliedern, den Pinsel mühsam über Kopf führend, Jahre lang.
Die Fassade des Domes erklettern wir bereitwillig und bei jedem Schritt möchte ich stehen bleiben. Die Liebe des Steinmetzen für sein Handwerk, hier haben ganze Hundertschaften gleichzeitig gehämmert und geklopft. Die Verschwendung entspricht nichts schon einmal Gesehenem.

Ein Konsumtempel. Dies ist Einer der den Namen in seiner positivsten Form verdient hat. Ich verliere mich in den Weiten der gebogenen Kuppeln, nichts in mir hat Kraft zu wiederstehen. Doch die Einkaufslagen erreichen meinen Blick nicht wirklich. Ich bin beeindruckt vom ummauerten Raum, der mehr als Raum ist. Mein Blick wandert ständig hin und her zwischen den Mosaiken auf dem Fußboden, den Mosaiken an den Fassaden und den Lichtkuppeln über mir.
Nur am Rande die Leuchtreklame von Mc Donald, eine gelb rote Beleidigung für das Auge.

Ganz sicher werde ich eines Tages wieder kommen, ich brauche keinen Brunnen um eine Münze hinein zu werfen.
 

16. Juli 2002
Nach dem wir die Bergtauglichkeitsprüfung nicht bestanden haben und das Wetter eben so unbeständig ist wie unsere Kondition, beschließen wir in die Schweiz zu fahren.
Das Verzascatal ist unser Ziel. Wo der Weg einen eigenen Namen hat „Sentierone“.
Die liebevolle Bewahrung der Zeit. Die Erinnerung der Vergangenheit, die man im Gleichgewicht, in der Harmonie und durch die Einfachheit der Häuser wiedererkennt die Anzeichen vom harten Leben der Bewohner, die durch eine nicht immer wohlgesinnte Natur gezwungen waren in Orten zu verweilen, die heute durch ihr idyllisches Aussehen das Herz erweichen.

Eben noch ein Bach der munter über Felsen springt und über Jahrhunderte unverrückbar seinen Weg gefunden hat und bald erkennt man schon den Fluß, der er 30 Minuten später sein wird.
Ein unbekannter Autor schrieb vor gut 100 Jahren: “in der Farbe des Wassers die ganze Anziehungskraft der Verzasca liegt, nie hat ein Künstler so ein bewundernswertes Grün gemalt, nie hat er dessen Bestehen vermutet, es sei denn, er war im Tal und hat es an Ort und Stelle gesehen und genossen“.
Am Ende unsere Wanderung sehe ich seine Worte Bild werden unter einer Steinbrücke sehe ich ein grün im Wasser, dass mich meinen Augen misstrauen lässt.


 

19. Juli 2002
Die Bewohner der Grenzstadt werden es den Österreichern arg übel nehmen, dass sie ihre Grenzerarbeit so genau nehmen, dass sich ein kilomterlanger  Stau an den Vorgärten vorbei schleppt. Die Abgase scheinen mir wie ein Glocke über die Häuser gestülpt. Bendlerverkehr. Feierabend.
Wie anders war das Passieren der Schweizergrenze und die sind nicht einmal in der EU.
Der Grenzbeamte will alle unsere Ausweise sehen. Wir sind auf diese europäische Überraschung nicht eingestellt und müssen rechts ran fahren und die anderen Ausweise aus dem Koffer holen. Solange verschwindet der Reisepass von Lars in der Hosentasche des Zöllners, ganz unkompliziert und einfach, verschwindet er in den Kakifalten, als gehöre er dort  hinein.
 

21. Juli 2002
Die letzten Tage vor unserer Abreise verbringen wir in Berghausen bei Bonn. Von hier aus starten wir zu täglichen Einkaufstouren nach Bonn. Die Schätze die uns nach Laos begleiten werden wachsen beständig an.
Endlich hole ich meine Bücherwanne bei Bouvier ab.
 

25. Juli 2002
Es ist soweit. Schon am Morgen werden Koffer, Rücksäcke und Taschen gepackt.
Wirklich in letzter Minute wird ein Bobbycar für Silvan gekauft. Es verschwindet anstandslos im Ortliebsack.
Als wir das Auto bei Sixt abgegeben haben, und wieder fahrzeuglos, auf der Strasse stehen, fühle ich die Bereitschaft nach Hause zu fliegen.
Brigitte die das Auto bei Sixt für uns besorgt hat fährt uns auch wieder zum Flughafen. Diesmal machen wir die kleine Reise, mit ihr, in umgekehrte Richtung.
Am Flughafen kommen nach und nach all die lieben Menschen zusammen, die sich von uns verabschieden möchten. Eine richtig kleine Reisegruppe ist es, nur das sie leider nicht mit uns reisen werden.

In der Gewissheit Zeit für den Abschied zu haben, sitzen wir alle zusammen im Bistro des Flughafens Köln/Bonn. Selbst unser Gepäck, mit Kinderwagen haben wir um die beiden zusammen geschobenen Tische gruppiert. Ein üppiges Bild, dass viele neugierig bis erstaunte Blicke auf sich zieht.

Beim ckeck in dann der Schreck, der allen in die Glieder fährt. Schnell hat es sich wie ein Lauffeuer verbreitet, auch an jene die das langweilige Koffer aufgeben nicht begleitet haben.
Unser Flug war Gestern!

Bis heute weiss ich nicht wie, aber die wunderbare Fee am Lufthansa Ticketschalter hat gezaubert, wenn sie auch nicht gelächelt hat, so sparte sie sich auch jeden Tadel.
15 Minuten wartete das Flugzeug nach Frankfurt auf uns.
Schnelle und viel zu flüchtige Umarmungen.  Wir mussten rennen. Tickets in der Hand bis Bangkok, die fröhlich bei jedem Schritt aufsprangen und wieder zu, wie ein Fächer in den Händen eines Verrückten.
Erschöpft von  soviel Glück und ein wenig wohl auch vom Rennen, ließen wir uns dankbar in unsere, im Flugzeug verstreuten, Sitze fallen.
Erst in Frankfurt hatten wir genügend Zeit unser Glück gemeinsam zu fassen zu bekommen.

© (2002)  Ilona Duerkop

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