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18. Oktober 2009
Wir sollten es wissen
von Ilona M. Duerkop

Wir wissen es, die ganze Zeit.

Der Tod ist uns mit der Geburt in die Wiege gelegt.
Aus den Nachrichten, den Büchern,
kennen wir viele Arten des Todes.
Grauslich und wir leiden kurz,
dann haben wir es wieder vergessen.
Die Blindheit eines Krieges. Eines Anschlags.
Wir wünschen uns positiv Nachrichten,
doch wir bekommen sie nicht.
Also leben wir mit dem seltsamen Aquarium Fernsehen,
es geht uns nichts an.

Plötzlich, wenn wir unerwartet älter werden,
sehen wir Freunde gehen.
Wir wissen: Das ist er der Tod!
Auch hier finden wir irgendwie den Aus-Knopf.
Es dauert etwas länger, aber dennoch.
Unser Leben geht weiter, jeden Tag,
nur ohne diesen Freund, diese Freundin.
Das ist zu schaffen.

Und wir schaffen es, aufgeschreckt,
aber nicht geweckt.
Wie soll man Leben mit dem eigenen Tod vor Augen?
Das ist unzumutbar.
Wir wissen es doch.

Die Eltern. Wir sehen den langsamen Verfall.
Ja, das ist normal.
Wir besuchen sie, ohne viel zuzuhören.
Wir haben zu tun.

Wir haben immer zu tun!
Dann sind sie plötzlich nicht mehr da.
Ja, plötzlich!

Nichts war so verlässlich wie ihre Anwesenheit.
Wenn wir sie nicht besuchten,
wir wussten wo sie waren.
Was sie machten? Das Alltägliche, was sie immer machten!
Was schon sonst.

Plötzlich
ertappen wir uns dabei mit ihnen Zwiesprache zu halten.
Ihnen Fragen zu stellen.
Es gibt keine Antworten mehr.
Wir hätten früher fragen sollen.
Das ist bitter,
denn wir haben es nicht getan.

Ein ganzes Buch ist zu.
Ein Buch das wir irgendwann einmal lesen wollten,
wenn wir Zeit haben.

Jetzt jagt uns die Zeit.

Nach unseren Eltern sind wir die Nächsten
und wir wissen es.
Wie wir es immer gewusst haben.

Wir machen weiter wie immer.
Fragen nicht. Hören nicht zu.

© Ilona M. Duerkop

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