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Salon im Net, den 29. Februar 2004
ein Online Projekt von Ilona Duerkop

Ada Diekmann
schreibt täglich für den Salon im Net. Letzte Kolumne [..Hier..]

ALL DIESE KOMISCHEN DINGE
von Lars Gustafsson

All diese wunderlichen
kleinen Dinge, die sich einfinden
in einem Menschenleben.
Jedes hat sein Woher,
jeder von uns sein Wohin.

Das alte Gartenmesser,
der hölzerne Griff abgenutzt
und die Klinge vom Wetzen dünn, gefunden
an einer Straßenecke in Arles;
die Messingskulptur,
die längst Grünspan angesetzt hat -
ein Künsstler hat sie mir einst
in einem Atelier nahe der Mauer
in der Luisenstadt zusammengeschweißt
aus alten Türklinken.

Dieser Künstler war völlig verrückt,
und mit ihm reden konnte man nur
in der Sprache der Schizophrenie.
Sein Werk gleicht, wenn überhaupt etwas
einer Spinne. Nur ohne Netz.

Eine kleine azurblaue Flasche
von irgendeinem Müllhaufen,
die in ein Fischmaul mündet.
Ein Kind hat sie mir geschenkt.

Natürlich reden sie nicht,
die Dinge, auch sind sie
keine "Symbole" für dies oder jenes.

Herabgestiegen sind sie
aus dem Himmel der Formen,
um Platz zu nehmen für eine Weile
auf unseren Schreibtischen
und Fensterbänken.

Und man dankt für ihren Besuch.

Lars Gustafsson: Auszug aus Xanadu Gedichte;
aus dem schwedischen von
Hans Magnus Enzenberger und
Verena Reichel; Hanser Verlag,
München 2003; 99 S., 14,90 Euro
 

Iris Radisch, in DIE ZEIT, über den schwedischen Dichter Lars Gustafsson:
"Altmodisch in der Trauer um die einfachen und selbstverständlichen Anschauungen, die nur noch in den Versen überwintern. Und naiv im unbefangenen Experiment, das keine Rücksicht kennt und alles wie zum ersten Mal erforscht. Was wäre zum Beispiel "ein Anfang"? Ein Anfang, das könnte sein, wenn "der Wind den Regen über lichtgrüne Felder bläst und wenn keiner mehr die geballte Angst im Magen spürt". Ein Anfang müsse etwas sein "aus Wind und aus Licht", halb irdisch, halb überirdisch, wie das Gedicht, das solche Fragen stellt. Eine befreiende Sinnlosigkeit spricht aus solchen Versen. Der vorletzte, nachmittägliche Eindruck von der Welt ist der eines Wunders, das auf nichts hinausläuft: Einzigartig, einmalig schön ist es hier unten, auch wenn es da oben keiner sieht, und wir selbst es morgen schon vergessen haben.

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