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22. August 2002
Zettelkasten
zusammengetragen von Ilona Duerkop

Roman, So habe ich es mir nicht vorgestellt, von Batya Gur (S. 305)
Die kostbarsten unserer Träume, Vögelchen mit gelbem Flaum und empfindlich gegen Kälte, lassen wir auf ihren kleinen Beinchen zu unserem Nächsten trippeln, dem möglichen Verbündeten. Immer wieder reden wir uns ein, er werde sie schon, wenn wir es nur zulassen, aufheben und in seinen weichen Händen wärmen, und jedes mal reagieren wir mit Entsetzen, wenn sie fallen gelassen oder zerdrückt werden, klein geworden im Licht eines fremden Bewusstseins.
 

Roman, So habe ich es mir nicht vorgestellt, von Batya Gur (S. 401)
Ein Mensch ändert sich nicht, er verändert nur seinen Blickwinkel.
 

Roman, So habe ich es mir nicht vorgestellt, von Batya Gur (S. 427)
Wie oft schweigen wir denen gegenüber, die uns wirklich nahe stehen. Und dann sagen plötzlich eine weiße Hand oder abgenagte Fingernägel so viel. Es ist alles andere als selbstverständlich, dass Hila jetzt hier ist. Sie hat ihre eigenen Interessen beiseite geschoben, um bei dir zu sein. Wir erfinden Rituale, um mit allem fertig zu werden. Geburtstage, Todestage, Gedenktage. Manchmal aus Abwehr und manchmal aus Scham.
 

Roman, So habe ich es mir nicht vorgestellt, von Batya Gur (S. 446)
Unter den Geschenken, die wir denen geben, die wir lieben sind kleine Feldblumensträuße, von willigen Händen hingehalten, ein Kieselstein, eine Schnecke, die mit dem üblichen nachsichtigen Lächeln angenommen werden. Man bedankt sich höchstens höflich. Manchmal beachtet man sie überhaupt nicht. Hingegen werden ausgerechnet Handlungen, die wir sowieso tun, das Übliche, das Normale, was keiner besonderen Anstrengung bedarf. Absichtslose Handlungen, die nichts sind als sie selbst, manchmal  pure Geschicklichkeit, ausgerechnet von denen, die wir lieben, als Wunder betrachtet.
 

Ilona Duerkop, Gedanken für den Essay: „Briefe“, 6. September 2001, Salon
Mit jedem Brief offenbaren wir ein Stück Persönlichkeit, in dem wir uns erinnern, unsere Gedanken schreiben, erzählen von Vergangem und Gegewärtigem. Was uns wiederfahren ist und was wir dabei empfanden. Auch wagen wir in unseren vertraulichsten Briefen über Träume und Wünsche zu sprechen und geben Geheimnisse preis. Wir greifen Anregungen auf, die wir von einem Absender erhielten und sind bereit, dessen Fragen soweit zu beantworten wie wir uns öffnen wollen, diese Entscheidung liegt immer ganz bei uns.
Briefe schreibend befinden wir uns in ausgesuchter Gesellschaft und führen eine Jahrhunderte alte Tradition fort, ohne dass es uns bewusst wird. Wir schreiben über die Gegenwart hinaus, mit Mitteln die Zeit und Fortschritt uns in die Hände gaben und immer noch, sind es die Hände mit denen wir schreiben, die uns helfen unsere Gedanken zu fixieren und sichtbar zu machen.
 

Hegel über Aristoteles Psychologie der Seele:
„Es scheint, die Seele müsse teils betrachtet werden als für sich trennbar vom Körper" (in ihrer Freiheit), "da sie im Denken für sich selbst ist; teils aber, da sie in den Affekten als so ungetrennt eins mir dem Körperlichen erscheint, auch als nicht trennbar von demselben; die Affekte zeigen sich als materialisiertes Denken oder Begriff logoi enyloi", - als materielle Weisen des Geistigen.
 

Fiktives Tagebuch  „Die Aufzeichnungen des Malte Laurids“ von Rainer Marie Rilke
Wozu soll ich jemandem sagen das ich mich verändere? Wenn ich mich verändere, bleibe ich ja doch nicht der, der ich war, und bin ich etwas anderes als bisher, so ist klar, dass ich keine Bekannten habe. Und an fremde Leute, an Leute, die mich nicht kennen, kann ich unmöglich schreiben.

© (2002)  Ilona Duerkop

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