26. Juni 2001
Selbsterfindung oder Selbstfindung?

Am Anfang war es nur ein Wortspiel, dass mir zu fiel, wie einem Worte manchmal zu fallen, plötzlich und unerwartet. Selbstfindung - Selbsterfindung, schrieb ich in mein Arbeitsbuch, mit dem Datum und meinem I.M.D. Kürzel.
Heute lese ich diesen kleinen Eintrag wieder, weil ich auf der Suche nach Ideen schließlich auch in meinem Arbeitsbuch gelandet bin. Ich nehme die Worte und schaue auf den weißen Bildschirm meines Laptops und den blinkenenden Curser, der sich so gerne in Worte verwandeln will, dann schaue ich über den Rand hinaus aus dem Fenster, meine Augen halten nichts fest und auf einmal bilden sich Gedanken um den Begriff Selbsterfindung.
Ist es nicht so, dass ich mich selbst erfinde, mit jedem Gedanken, jedem Buch das ich lese, jedem Thema über das ich mehr wissen möchte, weil ich selbst es bin, die auswählt und verwirft.
Erfinde ich mich so nicht selbst mit jedem Bruchstück, dem ich meinem Wesen, meinem Charakter zuführe.
Oder ist es mehr eine Findung. Eine Selbstfindung, da ich in mir das Bedürfnis finde, jenes Buch zu lesen, ein Anderes nicht zu lesen?
Sieht es mit den Gedanken genau so aus, finde ich sie, oder sind sie mir doch eigener, da ich sie erfinde?
Ich habe die ganze Welt der, bevorzugt, deutschen Sprache zur Verfügung, wenn ich ein Gedicht schreibe. Ich wähle die Worte aus, ich erfinde sie nicht erst, da sie schon da sind. Ich setzt sie ledliglich in einer Reihenfolge zusammen die ich selbst bestimme, so darf ich unter ein so entstandenes Gedicht, mit Fug und Recht meinen Namen schreiben und es als mein Eigentum bezeichnen.
Niemand würde wohl bestreiten das ich diese Gedichte erfunden habe. Wenn ich diesen Vorgang des Entstehends aber als Finden bezeichnen wollte, so würde mir wohl auch Niemand widersprechen.
Wie ist es aber, wenn es um mich selbst geht? Inwieweit haben genetische Eigenschaften Einfluß auf meinen Charakter, auf mein Selbst?
Wenn ich zum Beispiel kräftige Muskeln habe, dann werde ich wohl sehr wahrscheinlich Sport treiben und dort auch ansehnliche Leistungen erzielen. Possitive Leistung schafft ein Selbstbewusstsein, dass ich hier nicht als "sich selbst bewusst sein" definieren möchte, denn das wäre einfach ein Wortspiel zuviel, sondern als Selbstbewusst im landläufigen Sinne; als starke Persönlichkeit.
Eine starke Persönlichkeit hat eine höhere Risikobereitschaft, was gemeinhin als Mut bezeichnet wird.
Wer mehr wagt hat auch, rein statistisch gesehen, eine höhere Erfolgsrate. Wir scheitern seltener als wir glauben.
Das wäre also alles genetisch bedingt und in mir bereits angelegt, müsste also nur noch gefunden, oder besser gesagt, von mir erkannt werden.
Also wäre das Resulat eher eine Selbstfindung, als eine Erfindung meiner Selbst.
Warum gefällt mir die Vorstellung so weit aus mehr, mich als Erfinderin meiner Selbst zu sehen?
Mein ganzes Handeln bekäme eine weit wichtigere Bedeutung, ebenso die Überlegungen, die einer bestimmten Handlung voraus gehen. Die Bereitschaft die Dinge dem Zufall zu überlassen, würde noch deutlicher abnehmen, als dies ohnehin schon geschieht.
Ich würde mich selbst, vieler gemeinhin akzeptierter Ausreden, berauben und wäre stets ganz, und ganz allein für mein Handeln verantwortlich. Keine verminderte Zurechnungsfähigkeit.
In meiner Selbsterfindung müsste ich auch so etwas wie "die Seele baumeln lassen" einbauen, da ich sonst in der Stress bringenden Lage wäre, jede Minute bewusst zu leben. Jede Minute bewusst zu Leben hat durchaus unangenehme Gesichtspunkte.
Was ist beunruhigend daran ein paar Ausreden zu verlieren?
 

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© 2001 Ilona Duerkop